Nephrologisches Forschungslabor

In unseren nephrologischen Forschungslaboren widmen wir uns der Bearbeitung translationaler Fragestellungen mit Bedeutung für die Behandlung des akuten Nierenversagens und systemischer Entzündungszustände.

Um den translationalen Forschungsgedanken – den Transfer grundlagenwissenschaftlicher Erkenntnisse in neue klinische Therapieansätze – erfolgreich zu verwirklichen, messen wir dem engen Austausch und der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen in grundlagenwissenschaftlichen Fragestellungen und Methoden versierten Biochemikern und Molekularbiologen einerseits sowie klinisch tätigen Ärzten andererseits besondere Bedeutung zu.

Wir fokussieren uns dabei insbesondere auf die Untersuchung der Bedeutung und des Zusammenspiels regulierter Zelltodprozesse in der Pathophysiologie menschlicher Erkrankungen. Hierfür stehen uns neben zahlreichen molekularbiologischen Methoden präklinische Krankheitsmodelle verschiedener Formen des akuten Nierenversagens sowie des systemic inflammatory response syndrome (SIRS) und der Sepsis zur Verfügung.

Zu den Forschungsschwerpunkten

Bis vor kurzem wurde regulierter Zelltod (RCD) mit Caspase-abhängiger Apoptose gleichgesetzt. Neuere Erkenntnisse belegen jedoch immer detaillierter, dass auch nekrotische Zelltodprozesse reguliert ablaufen und genetisch festgelegten Programmen folgen. Zu diesen neu entdeckten Formen des RCDs gehören u.a. die RIPK3- und MLKL-abhängige Nekroptose, die von inflammatorischen Caspasen vermittelte Pyroptose und die durch Lipidperoxidation verursachte Ferroptose. Diese unterschiedlichen Zelltodprozesse sind in verschiedensten Krankheiten relevant, darunter Krebs, diverse Infektions- und Autoimmunkrankheiten und nicht zuletzt im akuten Nierenversagen und der Organtransplantation.

RIPK1 positive Rachenepithelzelle eines COVID-Patienten
Abb. 1: Der Nachweis von aktiviertem (phosphorylierten) RIPK1 via Immunfluorezenzmikroskopie (hellgrün) in Rachenepithelzellen eines COVID-19-Patienten gibt Hinweise auf regulierten Zelltod als pathophysiologische Komponente in der SARS-CoV-2-Infektion (Maßstab 50 µm).

Darüber hinaus beginnen wir immer besser zu verstehen, dass und wie diese verschiedenen Formen des regulierten Zelltods in unterschiedlichen Krankheitsbildern miteinander kommunizieren und gemeinsam zur Schädigung von Zellen, Organen und des Gesamtorganismus führen. Erst das Verständnis der an den Zelltodsignalwegen beteiligten Proteine und Mechanismen ermöglicht deren gezielte Unterbrechung und daraus resultierend die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze.

Aktuell arbeiten wir u.a. daran, die jüngsten Erkenntnisse zum regulierten Zelltod in neue therapeutische Ansätze für das akute Nierenversagen unterschiedlicher Ursache umzusetzen. Insbesondere im Gebiet der Nierentransplantation ist eine Organschädigung, welche durch die zeitweise Sauerstoffunterversorgung des zu transplantierenden Organs ausgelöst wird, der sogenannte Ischämie-Reperfusionsschaden, nicht zu vermeiden. Aus dieser initialen Nierenschädigung resultiert des Weiteren eine Aktivierung des Immunsystems, welche wiederum zu Abstoßungsreaktionen der zuvor transplantierten Niere führen kann. 

Histologie ACSL4 positiver nekrotischer Tubulusze
Abb. 2.: Immunhistochemischer Nachweis des Ferroptose-Markers ACSL4 (braun) in einer Transplantatniere (Maßstab 60 µM).

Nach aktuellem Stand der Wissenschaft tragen verschiedene Formen des RCDs hierzu bei. Übergeordnetes Ziel unserer Forschung ist es, diese RCD-Signalwege hochspezifisch zu unterbrechen, den Organschaden zu vermeiden, und auf diesem Wege den Transplantationserfolg zu sichern. Als Grundlage für die Identifikation vielversprechender therapeutischer Angriffspunkte dienen molekularbiologische Methoden wie induzierbare Genexpressionssysteme und die CRISPR/Cas-Technik, die genutzt werden kann, um Gene zielgerichtet auszuschalten. In diesem Kontext untersuchen wir in vitro und nachfolgend auch im Tiermodell menschlicher Erkrankungen die Wirksamkeit verschiedener neuartiger small molecules, und auch selbst generierter rekombinanter Proteine in der Inhibition einzelner und auch kombinierter RCD-Signalwege.

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    pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28551825/
  • Moerke, C., Jaco, I., Dewitz, C., Müller, T., Jacobsen, AV., Gautheron, J., Fritsch, J., Schmitz, J., Bräsen, JH., Günther, C., Murphy, JM., Kunzendorf, U., Meier, P., and Krautwald, S. (2019). The anticonvulsive Phenhydan® suppresses extrinsic cell death.
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  • Riebeling, T., Jamal, K., Wilson, R., Kolbrink, B., von Samson-Himmelstjerna, FA., Moerke, C., Ramos Garcia, L., Dahlke, E., Michels, F., Lühder, F., Schunk, D., Doldi, P., Tyczynski, B., Kribben, A., Flüh, C., Theilig, F., Kunzendorf, U., Meier, P., and Krautwald, S. (2021). Primidone blocks RIPK1-driven cell death and inflammation.
    Cell Death Differ. 28, 1610-1626
    pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33273695/
  • Kolbrink, B., von Samson-Himmelstjerna, F.A., Messtorff, M.L., Riebeling, T., Nische, R., Schmitz, J., Bräsen, J.H., Kunzendorf, U., Krautwald, S. (2022). Vitamin K1 inhibits ferroptosis and counteracts a detrimental effect of phenprocoumon in experimental acute kidney injury.
    Cell Mol Life Sci 79, 387
    pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35763128/
  • Kolbrink, B., von Samson-Himmelstjerna, F.A., Murphy, J.M., Krautwald, S. (2023) Role of necroptosis in kidney health and disease.
    Nat Rev Nephrol
    pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36596919/

Ansprechpartner

Prof. Dr. rer. nat. Stefan Krautwald
Leiter des Nephrologischen Forschungslabors
Nephrologisches Forschungslabor
Wissenschaftliche Mitarbeiter
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